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Autoren: Ulrich Germing, Andrea Kündgen; Universitätsklinikum Düsseldorf (aus dem Rundbrief 18, Oktober 2013, gekürzte Fassung)
Myelodysplastische Syndrome (MDS) und die sehr verwandten chronischen myelomonozytären Leukämien (CMML) sind häufige maligne myeloische Stammzellerkrankungen mit einer Inzidenz von etwa 4/100.000/Jahr und mehr als 25/100.000/Jahr bei über 65 Jahre alten Patienten [1-3]. Der natürliche Krankheitsverlauf von Patienten mit MDS hängt im Wesentlichen von krankheitsassoziierten Parametern wie Ausmaß der Knochenmarkblasten, chromosomalen Aberrationen und Ausmaß der hämatopoetischen Insuffizienz sowie Zellumsatzrate (LDH) ab. Diese Parameter sind mit der Überlebenswahrscheinlichkeit und dem Risiko des Krankheitsprogress zur akuten Leukämie assoziiert. Aber auch patientenspezifische Parameter wie Alter [4], Geschlecht [5], Komorbiditäten [6-8] und Transfusionsbedarf [9] spielen bei der Abschätzung der Prognose, insbesondere der Überlebenswahrscheinlichkeit, eine Rolle.
Prognose-Scores kombinieren Prognoseparameter mit dem Ziel, Niedrigrisiko-Patienten, bei denen ein abwartendes Verhalten gerechtfertigt erscheint, und Hochrisiko-Patienten, die soweit möglich einer intensiveren Therapie einschließlich einer Blutstammzelltransplantation zugeführt werden sollten, möglichst sicher zu identifizieren. Das internationale prognostische Punktesystem (IPSS) [10] wird im klinischen Alltag und im Rahmen von Studien angewendet. Der IPSS musste sich mit wenigen Erkenntnissen bezüglich der Prognose von Karyotypanomalien begnügen und versuchte, die hämatopoetische Insuffizienz anhand der Anzahl zytopener Zellreihen zu beschreiben, und berücksichtigte den medullären Blastenanteil in vier Gruppen. Eine multinationale Arbeitsgruppe verfeinerte nun den IPSS [11]. Wesentliche Neuerungen in der Definition der Risikogruppen sind:
Die Neugruppierung der Karyotypanomalien erfolgte aufgrund der Analysen der deutsch-österreichisch-schweizer MDS-Gruppe unter der Leitung der Göttinger Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit anderen internationalen Partnern [12]. Die Einführung diskreter Zellwerte berücksichtigt viel konkreter das Ausmaß der hämatopoetischen Insuffizienz der Patienten [13]. Zudem wurden jetzt fünf Gruppen mit unterschiedlichen Blastenzahlen definiert [14,15]. Dieser Prognose-Score definiert fünf Risikogruppen, die sich hinsichtlich des medianen Überlebens und des Risikos einer AML-Entwicklung zu jedem Untersuchungszeitpunkt signifikant voneinander unterscheiden. Patienten in der very high-risk Gruppe haben eine mediane Überlebenswahrscheinlichkeit von nur 0,8 Jahren, während die der Patienten der very low-risk Gruppe bei 8,8 Jahren liegt und sich somit kaum von der Lebenserwartung der altersentsprechenden gesunden Bevölkerung unterscheidet. Da der Score komplizierter anzuwenden ist, kann nach Eingabe der benötigten Parameter die Risikozuordnung computergestützt erfolgen. Weitere Prognoseparameter wie Knochenmarkfibrose [16], erhöhte LDH [17], erhöhtes β-2-Mikroglobulin [18] und Transfusionsbedarf [9] konnten als Prognoseparameter bestätigt werden.
Prognostische Risikogruppe |
Score |
Overall Survival* |
AML 25 %* |
|
---|---|---|---|---|
sehr niedriges Risiko |
≤ 1,5 |
8,8 |
NR |
|
niedriges Risiko |
> 1,5 - 3 |
5,3 |
10,8 |
|
intermediäres Risiko |
> 3 - 4,5 |
3,0 |
3,2 |
|
hohes Risiko |
> 4,5 - 6 |
1,6 |
1,4 |
|
sehr hohes Risiko |
> 6 |
0,8 |
0,73 |
|
*Median, in Jahren |
Referenzen und Quellen
Erstellt von: Hehn (Informationszentrum) am 02.10.2014, letzte Änderung: 26.03.2015